Corona: Fiebermessen und Rassismus? Oder doch lieber Solidarität?

Auf die Kritik von DIE LINKE. SchwetzingenPLUS und Die Grünen Schwetzingen am Verhalten der AfD reagiert die rechte Partei uninformiert, teilweise erlogen, streckenweise wirr:

Wer den Blick auf angeblich Ungesagtes lenken muss, zeigt damit auch, dass er dem tatsächlich Gesagten wenig entgegen zu setzen hat – trotzdem ist dies eine bekannte Taktik der AfD, die auch zu solch, streckenweise uninformierten, streckenweise platt erlogenen und streckenweise wirren Stellungnahmen führt, wie sie deren hiesiger Ortsgruppensprecher, Andreas Clewe, nun als Antwort auf Reaktionen der Schwetzinger GRÜNEN und LINKEN zu seinem Vorschlag, unausgebildete Geflüchtete für landwirtschaftliche Arbeit zu verpflichten, formuliert hat.
Dabei ist für demokratische Kräfte die Frage, ob zu allen Provokationen dieser Partei Stellung bezogen werden sollte, oder ob man sich weigert über »jedes hingehaltene Stöckchen« zu springen, schwer abzuwägen: Provokation ist einerseits der Treibstoff des AfD-Parteiapparates, es wäre also falsch, auf jede einzugehen. Gleichzeitig darf – insbesondere angesichts der Verantwortung, die diese Krise der Politik auf allen Ebenen auferlegt – vieles nicht unwidersprochen bleiben. DIE LINKE. SchwetzingenPLUS wird also nicht Bezug auf jede Einzelheit von Herrn Clewe nehmen, sondern nur einzelnen Äußerungen widersprechen, die niemals unkommentiert bleiben dürfen!

Zunächst ist festzustellen, dass Clewe keinerlei Recherchearbeit in seine Vorwürfe gegen DIE LINKE investiert hat. Anders ist die Falschaussage, es hätte von LINKEN keine Kritik am Vorstoß von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, beispielsweise Beschäftigte aus der Gastronomie auf die Spargelfelder zu schicken, gegeben, kaum zu erklären, schließlich hat neben anderen der Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE, Bernd Riexinger, schon am 26. März eine entsprechende Kritik formuliert. Herr Clewe hätte nur drei Worte in eine beliebige Suchmaschine eintippen brauchen, um diese peinliche Falschaussage zu vermeiden. Das selbe gilt für Vorstöße, Arbeitslose, Schülerinnen und Schüler oder Studierende zur Feldarbeit zu verpflichten: Auch hier gab es auf verschiedensten Ebenen linke Kritik. Dass Clewe selbst auf den klaren Unterschied zwischen seinen Formulierungen und den Vorschlägen der Bundeslandwirtschaftsministerin hinweist, erspart es uns dabei, dies im Detail auszuführen.

Selbstverständlich begrüßen wir es aber, wenn Geflüchteten die Beschäftigung im landwirtschaftlichen Sektor jetzt schneller und unbürokratischer erlaubt wird – und gerade hier in der Region sind schon viele Geflüchtete in diesem Sektor sozialversicherungspflichtig tätig. Die Freiwilligkeit ist dabei aber ausschlaggebend: Es ist ein Erkennungsmerkmal unserer Demokratie, dass (zumindest theoretisch) jeder Mensch seinen Beruf frei wählen kann. Die Entlohnung von Erntehelfern als »Ein-Euro-Jobber«, wie sie Clewe vorschlägt, lehnt DIE LINKE dagegen kategorisch ab! »Mit diesem Vorschlag zeigt Clewe wieder, dass die AfD keine Partei ›der kleinen Leute‹ ist, wie sie sich gerne gibt. Das ist ein harter Job, der auch entsprechenden Lohn verdient!,« so Stadtrat Werner Zieger.

Die von Clewe unterstellte Besserstellung von Geflüchteten gegenüber den vielen anderen, die unter dieser Krise leiden, steht also nicht auf der Agenda, sondern DIE LINKE steht für einen solidarischen Gesellschaftsentwurf, in dem die Bedürfnisse aller vermeintlich »Schwachen« der Gesellschaft im Vordergrund stehen. Wir bieten damit einen grundlegenden Gegenentwurf zum Neoliberalismus einerseits und zu den Ideen reaktionärer Kräfte andererseits an.

Auch die fehlende Vorbereitung der Bundesregierung auf ein solches Seuchengeschehen haben LINKE scharf kritisiert. Zum Beispiel haben Heinrich Stürtz (DIE LINKE. Wiesloch-Walldorf) und Florian Reck (DIE LINKE. SchwetzingenPLUS) wahrgenommene Fehler der Regierung in einem Text als »Katastrophe mit Ansage« bezeichnet. Dass zu den Kritikpunkten Clewes aber nicht der neoliberale Sparkurs im Gesundheitssektor, der auch von der »Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP)« angemahnt wird, sondern ausgerechnet die deutsche Akuthilfe an China gehört, ist dabei zynisch. Clewe zeigt hier, dass die AfD immer noch nicht begriffen hat, dass ein globales Seuchengeschehen auch nur global zu bekämpfen ist!

Überhaupt sind die Positionen der AfD zur Corona-Krise völlig inkohärent: Während die hiesige AfD in den vergangenen Wochen vor allem Hysterie verbreitet hat, allen vorweg die Kreisräte Ralf Jochen Meyer und Malte Kaufmann, wird das Virus von anderen AfD-Funktionären verharmlost. So verbreiteten beispielsweise die bayrischen AfD-Vorsitzenden Verschwörungsideologien, die unter anderem von der Leiterin des Instituts für #Virologie an der Technischen Universität München, Ulrike Protzer, scharf kritisiert wurden. Dazu der Genosse Florian Reck aus Oftersheim: »Die Wahrheit ist, dass die AfD, die auch in der Klimafrage immer wieder eine Aversion gegenüber dem Stand der Wissenschaften zeigt, in keiner Weise qualifiziert ist, in dieser Krise Lösungen anzubieten. Sie versucht deshalb, die Pandemie politisch auszuschlachten und betreibt, statt differenzierter Kritik, vor allem Feindbildpflege!«

»Wahr ist aber auch,« so Reck weiter, »dass niemand von uns mit Sicherheit sagen kann, was noch auf uns zu kommt. Weder Hysterie, noch Verharmlosung und Verschwörungsideologien sind hilfreich, sondern beides erschwert die Arbeit der Expertinnen und Experten, die gerade unter großem Druck gegen #CoVid-19 kämpfen. Wir alle, auch Herr Clewe, der Fiebermessen am Flughafen für ein adäquates Mittel gegen Corona hält, obwohl bekannt ist, dass das Virus eine lange Inkubationszeit hat und dass die meisten Infizierten kaum Symptome zeigen werden – was diesen Erreger ja so unberechenbar macht – täten gut daran, unser Handeln an den Empfehlungen von Expertinnen und Experten wie Ulrike Protzer oder dem Berliner Virologen Christian Drosten auszurichten.«

Abschließend sei noch auf ein besonders abstruses – aber in rechtsradikalen Kreisen verbreitetes – Argument des AfD-Sprechers eingegangen: Auf die These der GRÜNEN, er habe in die »rassistische Mottenkiste« gegriffen, erwiderte Clewe, die GRÜNEN seien sprachlich inkonsistent. Wie könne er denn ein Rassist sein, wenn es nach Meinung der GRÜNEN keine Menschenrassen gebe? »Den meisten Menschen, die das lesen, ist natürlich klar, was für ein unsinniges Argument das ist,« so Kreisvorstandsmitglied Hanna Matuschek. »Nach dieser Logik könnte es aus Sicht eines Atheisten ja auch keine Christen geben, weil der Atheist nicht an den christlichen Gott glaubt. Man muss aber verstehen, dass diese Art von Argument bewusst an rassistische Unterstützer rechtsradikaler Kräfte gerichtet ist, um die Argumentation von Antirassistinnen und Antirassisten zu verhöhnen. Basis von modernem Antirassismus ist aber natürlich auch die wissenschaftliche Erkenntnis, dass es keine ›Menschenrassen‹ gibt, sondern nur eine Spezies Mensch: Homo Sapiens Sapiens!« In dem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass – bei aller Kritik, die wir an den GRÜNEN vor allem auf Landesebene in Baden-Württemberg formulieren – die hiesigen GRÜNEN, genauso wie DIE LINKE, entgegen der Fehlinterpretation Clewes die AfD nicht dem demokratischen Spektrum zuordnen!

Link zum Artikel in der Schwetzinger Zeitung erschienen am 08.04.2020: AfD will Pandemie politisch ausschlachten