Energiewende: Die eierlegende Wollmilchsau gibt es leider nicht!

»Seien wir realistisch und fordern wir, was machbar ist!«, so antwortet der Landtagskandidat der LINKEN im Wahlkreis Schwetzingen auf einen Leserbrief der Ketscher Bürgerin Marion DeMille in der Schwetzinger Zeitung. Zuvor hatte dieser sich in einem Interview in der selben Zeitung grundsätzlich für die Weiterentwicklung der Geothermie ausgesprochen, zugleich aber festgestellt, dass bei dem Tiefengeothermie-Projekt, das durch die mittlerweile insolvente italienische Firma Geoenergie in Brühl realisiert werden sollte, etliches »schiefgelaufen« sei – unter anderem bemängelt Reck die fehlende Transparenz und Bürgerbeteiligung von Seiten des Unternehmens und der zuständigen Stellen.

»Ich möchte Frau DeMille danken, dass sie mir die Möglichkeit gibt, meine kurze Äußerung zur Geothermie zu spezifizieren. In dem Interview, auf das sie sich in dem Leserbrief bezieht war dies ja nur sehr kurz und am Rande zur Sprache gekommen«, so Reck. »Richtigerweise stellt Frau DeMille fest, dass es bei der – unbedingt notwendigen – Energiewende auch um ›Realismus, Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und bezahlbaren Strom‹ für die Nutzenden gehen muss. Realistisch zu sein, heißt hier auch, festzustellen, dass erneuerbare Energien eine grundsätzlich niedrigere Energiedichte besitzen als fossile Brennstoffe, woraus unweigerlich folgt, dass wir, wenn wir es ernst mit der Energiewende meinen, einen pluralen Mix aus erneuerbaren Energien brauchen. Dazu gehören selbstverständlich Photovoltaik-Anlagen und Solarheizungen, die in unserer sonnenreichen Region für alle Neubauten zur Pflicht erklärt werden könnten, dazu gehört auch die Windkraft, gegen die sich ja auch gerne Widerstand regt, der zum Beispiel dazu führt, dass in Teilen Deutschlands ein Kohlekraftwerk näher an einem Wohnhaus gebaut werden darf als ein Windrad, dazu gehört in begrenztem Maße auch die Wasserkraft, und ja, dazu gehört auch die Weiterentwicklung der Geothermie – sowohl der dezentralen Oberflächengeothermie, als auch der Tiefengeothermie – unter entsprechenden Sicherheitsmaßgaben.«

»Alle regenerativen Energiequellen haben dabei ihre Schwächen – und sie alle bergen Risiken: An Windkraftanlagen kommen Vögel zu Tode (wobei es hier vielversprechende Lösungskonzepte gibt), die Wasserkraft verbraucht unverhältnismäßig große Flächen, oder gefährdet Meereslebewesen, Solaranlagen verbrauchen nicht nur in der Produktion seltene Ressourcen, bei denen weitestgehend fragwürdige Regime die Beschaffungswege kontrollieren, sondern sie erschweren auch die Löscharbeiten bei Hausbränden – und die Tiefengeothermie steht im (berechtigten) Verdacht, bei nicht sachgerechtem Risikomanagement, seismische Instabilitäten auszulösen oder zu verstärken. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es leider nicht – auch bei der Energieversorgung nicht. Da auch die Speicherung von Energie in absehbarer Zukunft Probleme – wie einen großen Ressourcen- und Flächenaufwand – mit sich bringen wird, ist es daher nach wie vor richtig, unter Abwägung und Minimierung aller Risiken, im engen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Potentiale verschiedener regenerativer Energiequellen zu ergründen und auszuschöpfen – um eben nicht eine ›Interimslösung‹ in dieser Frage zu forcieren, sondern um baldmöglichst eine langfristige, sichere, dezentrale, klimaneutrale und möglichst autarke Wärme- und Stromversorgung aller Menschen zu erreichen – denn machen wir uns nichts vor: Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, schon jetzt kann jeder, der hinschaut, die Folgen des Klimawandels in der Region erkennen!«

»Das Potential der Geothermie ist dabei – aus meiner Sicht – weniger in der Verstromung, als vielmehr in der Wärmeversorgung, die immerhin 40 Prozent des deutschen Energieverbrauchs ausmacht, zu suchen: Wärmepumpen zur Ausnutzung der Oberflächengeothermie können auf der einen Seite zur Energiesouveränität von Gebäuden beitragen, während auf der anderen Seite die tiefe Geothermie eine wichtige Rolle in der Entkarbonisierung der Fernwärme, die in der Region derzeit fast ausschließlich aus dem Mannheimer Kohlekraftwerk gespeist wird, spielen kann.«

»Im Gegensatz zum Brühler Bürgermeister, der Ende vergangenen Jahres sagte, ›Es war damals ein gutes Projekt mit einer schlechten Firma. Daraus könnte in neuer Konstellation auch ein gutes Projekt mit einer guten Firma werden‹, reicht es uns LINKEN aber auch nicht aus, zu glauben, dass sich die Probleme, die es in Brühl gab, in Luft auflösen, wenn jetzt etwa die MVV und EnBW die dortige Geothermie-Anlage übernehmen würden. Im Gegenteil: Bürgerbeteiligung heißt nicht nur, dass die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an in eine kritische Neubewertung des Standortes miteinbezogen werden, sondern für uns heißt Bürgerbeteiligung eben auch, dass wir unsere Ressourcen nicht einfach so an privatwirtschaftliche Unternehmen abtreten, sondern dass die Bürgerinnen und Bürger der umliegenden Gemeinden im Falle einer Positiventscheidung für die Inbetriebnahme des Standortes auch davon profitieren. Am liebsten wäre uns eine ›Bürgerenergiegenossenschaft‹, aber auch andere Formen sind möglich. Gerade dieser Punkt unterscheidet uns LINKE von anderen Parteien: Wir wollen die Energieversorgung nicht nur regionalisieren und dezentralisieren, sondern demokratisieren – wir wollen, dass alle Menschen an der Energiewende beteiligt werden, weshalb ich Frau DeMille und die Aktiven der Brühler Bürgerinitiative auch herzlich einlade – zum Beispiel bei einem unserer Treffen, die auf unserer Website regelmäßig veröffentlicht werden – mit uns persönlich in Kontakt zu treten.«

Zu dem Interview geht es hier (nach kostenloser Registrierung kann es gelesen werden:

https://www.morgenweb.de/schwetzinger-zeitung_artikel,-oftersheim-zukunft-des-hockenheimrings-ohne-formel-1-_arid,1686850.html

Zum Leserbrief, auf den Bezug genommen wird, geht es hier:
https://www.morgenweb.de/schwetzinger-zeitung_artikel,-leserbrief-realismus-und-machbarkeit-_arid,1689978.html

Der hier vorliegende Text ist auch in kürzerer Fassung an die Presse gegangen.

Weitere Informationen über die Tiefengeothermie in Brühl sind hier zu finden:
https://www.morgenweb.de/schwetzinger-zeitung_artikel,-bruehl-geothermie-geht-an-enbwmvv-_arid,1671241.html

https://www.morgenweb.de/schwetzinger-zeitung_artikel,-bruehl-das-bruehler-bohrloch-geraet-wieder-ins-visier-_arid,1557172.html